Gaming-Markt: Durchwachsene Aussichten

A.T. Kearney Studie: Markt für Video- und Computerspiele blieb 2010 hinter gesamtwirtschaftlicher Entwicklung zurück – Bis 2015 moderates Wachstum von durchschnittlich 5,5 Prozent pro Jahr erwartet

(Auszug aus der Pressemitteilung)

Düsseldorf, 15. August 2011 – 2010 sind die Umsätze für Video- und Computerspiele um ein halbes Prozent gewachsen, nachdem der Markt bereits im Krisenjahr 2009 geschwächelt hatte. Bis zum Jahr 2015 wird die Branche wieder stärkeres Wachstum verzeichnen, allerdings wird die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate 5,5 Prozent nicht übersteigen (Betrachtungszeitraum 2010 bis 2015). Die großen Hoffnungsträger sind Online- und Mobile-Games, die unter anderem von steigenden Smartphone- und Tablet-Absätzen profitieren. Im Bereich Online-Games werden die Umsätze bis 2015 voraussichtlich um durchschnittlich knapp 12 Prozent pro Jahr zulegen, im Segment Mobile um durchschnittlich 14 Prozent. Besonders stark hat 2010 das Geschäft mit Konsolenspielen gelitten, allerdings wird zum Ende des Betrachtungszeitraums eine neue Konsolengeneration für neuen Auftrieb sorgen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Für Spieleanbieter kommt es vor allem darauf an, sich auf die zentralen Trends der Branche einzustellen. Dazu gehören eine Zunahme der Online-Käufe zulasten der Käufe im stationären Handel ebenso wie eine steigende Bedeutung von Cross-Plattform-Spielen. Darüber hinaus gilt es, fortwährend an der Entwicklung innovativer Erlösmodelle zu arbeiten, wie es etwa mit „In-Game“-Angeboten gelungen ist.

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„Nachdem der Spielemarkt bereits im Krisenjahr 2009 je nach Segment kaum oder nur sehr geringes Wachstum ausgewiesen hatte, hat sich dieser Trend im Jahr 2010 entgegen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung fortgesetzt. Die klassischen Segmente der Computer- und Konsolenspiele lassen immer weiter nach. Für das insgesamt neutrale Ergebnis von etwa einem halben Prozent Wachstum haben vor allem die Segmente Online- und Mobile-Games sowie neue Bedienkonzepte bei den Konsolen gesorgt“ beschreibt Dr. Florian Dickgreber, Gaming-Experte und Principal in der Communications & High Tech Practice von A.T. Kearney, das konjunkturelle Klima in der Branche.

Mittelfristig wieder Wachstum
In naher Zukunft ist zwar mit erneutem Wachstum zu rechnen, allerdings wird dieses moderat bleiben. Zwar werden die Gesamtumsätze des deutschen Spielemarktes inklusive Werbeeinnahmen dann die zwei Milliarden-Euro-Grenze überschritten haben – insgesamt wird der Markt aber bis 2015 nur um durchschnittlich 5,5 Prozent pro Jahr wachsen, vor allem getrieben durch Wachstum zum Ende des Betrachtungsraums 2010 bis 2015. Damit bleibt die Entwicklung hinter den alten Wachstumsraten zurück.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Segment der Konsolen am schlechtesten entwickelt. Nur aufgrund neuer Steuerungselemente konnten sie ihr Ergebnis überhaupt halten. Ungeachtet dessen werden sie allerdings vorerst auch weiterhin das größte Segment und damit einen wichtigen Wachstumstreiber für die Gaming-Branche darstellen. „Für ein stärkeres Umsatzwachstum auf den alternden Konsolenplattformen wären neue Blockbuster erforderlich, die allerdings derzeit nicht in Sicht sind“, so Dickgreber. Die neue Konsolengeneration, die für die Jahre 2013 und 2014 zu erwarten ist, wird in diesem Segment jedoch für neues Wachstum sorgen.

PC-Spiele haben im Vorjahresvergleich zwar leicht zugelegt, ihr Anteil am Gesamtmarkt wird bis 2015 allerdings schrumpfen. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die zunehmende Migration der klassischen PC-Spieler hin zu den Segmenten Konsole und Online-Gaming (Browser Games).

Die Bereiche Online- und Mobile-Gaming setzen den im letzten Jahr prognostizierten positiven Trend fort und werden bis 2015 weiter wachsen. Die Umsätze im Bereich Online-Games werden bis 2015 um durchschnittlich knapp 12 Prozent pro Jahr zulegen, im Segment Mobile um durchschnittlich 14 Prozent.

Dickgreber erläutert: „Vor allem Mobile-Games profitieren von einer steigenden Penetration von Smartphones und Tablets. Online-Games hingegen verleiht die immer bessere Marktdurchdringung von Breitbandzugängen zusätzlichen Rückenwind.“ Insbesondere die täglich wachsende Anzahl an Gaming-Apps sowohl auf der Apple- als auch auf der Android-Plattform erleichtert den Zugang zu diesen Spielen. Die Öffnung von Sony’s Playstation Store auf der Android-Plattform ist Treiber und Bestätigung dieser Entwicklung zugleich.

Werbemarkt legt zu
Deutlich positiver als für einige Spielekategorien sieht die Entwicklung auf dem deutschen Gaming-Werbemarkt aus. Bis 2015 wird er den Prognosen zufolge beträchtliche Wachstumsraten von durchschnittlich rund 15 Prozent pro Jahr ausweisen.

Dabei entwickeln immer mehr Unternehmen Werbe-Spiele mit dem Ziel, ihr Image zu fördern und ihre Markenbekanntheit zu erhöhen. Aktuell werden rund 95 Prozent der Werbeausgaben zur Vermarktung von Konsumgütern getätigt. Damit reagieren Werbetreibende auf die veränderte Mediennutzung der verschiedenen Gaming-Zielgruppen.

Fünf Trends, die die Branche bewegen
Die Autoren der Studie haben fünf Trends identifiziert, die in naher Zukunft besonders stark zum Wandel der Gaming-Branche beitragen werden:

  1. Online-Vertrieb ersetzt zunehmend stationären Handel
    Aktuell ist zu beobachten, dass viele Anbieter von Videospielen ihre Vertriebsstrategie ändern und stark auf Online-Plattformen setzen. Traditionelle Händler verlieren damit an Marktanteilen gegenüber spezialisierten Online-Plattformen aber auch gegenüber den Stores der Videospielproduzenten selber. Dies wird beispielsweise durch die jüngsten Ankündigungen von Electronic Arts zum Start einer eigenen Online-Plattform unterstrichen.

  2. Stationäre und tragbare Konsolen wachsen zusammen
    Der Vormarsch der Tablets sowie die Einführung neuer portabler Spielekonsolen ermöglichen eine Ausweitung des Spielerlebnisses über die Grenzen der Hardware hinweg. Tablets können als zusätzliches Display verwendet oder als Spielcontroller eingesetzt werden. Durch eine verbesserte Funktechnologie können verschiedene Handhelds miteinander synchronisiert werden. Somit können Videospiele in Zukunft über mehrere Devices hinweg gespielt werden – standardisierte Plattformen wie Android werden diesen Trend beschleunigen. „Während die Nutzer von einem verbesserten Spielerlebnis profitieren, erhofft sich die Branche von dieser Entwicklung vor allem Umsatzsteigerungen“, erläutert Dickgreber.

  3. Social Gaming: eine kulturelle Revolution
    Die Verbreitung von Social Gaming ist nicht zu bremsen. 40 Prozent aller deutschen Internetnutzer sind Mitglied in sozialen Netzwerken. Von 20 Millionen Facebook-Mitglieder nspielt über die Hälfte im Durchschnitt sieben Stunden pro Monat Social Games. Jeder Fünfte ist dabei bereit, für deren Inhalte zu zahlen. Die Bedeutung wird beispielweise auch durch die Expansionsaktivitäten der deutschen Player wie Bigpoint unterstrichen.

  4. Free-to-play: Neue Erlösquellen mit „In-Game“-Angeboten
    Neben eingefleischten Spielefans gibt es das Segment der traditionellen „Non-Gamer“, die zwar den Weg zum Spielen gefunden haben, sich allerdings durch eine geringere Zahlungsbereitschaft auszeichnen. Vom Spielekonsum dieser Nutzergruppe profitieren Spieleproduzenten verstärkt durch sogenannte „In-Game“-Angebote. Zwar werden die Spiele kostenlos als Videospiel oder Browser Game angeboten (Free-to-Play Modell), allerdings zahlen die Nutzer im Anschluss für ergänzende Inhalte, die zwar nicht notwendig, jedoch für das Spielerlebnis und den –fortschritt förderlich sind. „Branchenuntersuchungen haben ergeben, dass sich durch ‚In-Game‘-Angebote mehr Umsatz generieren lässt als durch einmalige Zahlungen für die Nutzung eines Offline-Videospiels“, erklärt Dickgreber.

  5. Cloud Gaming auf dem Vormarsch
    Cloud Computing hat sich in den letzten zwei Jahren etabliert und mit Apple wird in diesem Jahr ein weiteres Großunternehmen seine eigene „Wolke“ anbieten. Im Rahmen der Konsolenkonvergenz wird das Cloud-Gaming in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Es fördert das Cross-Plattform Gaming; Spiele lassen sich direkt und on-demand auf ein beliebiges Gerät streamen. Um einen fehlerfreien Spielfluss zu ermöglichen, spielt der Ausbau zum 4G-Mobilfunkstandard eine zentrale Rolle. Dies wird eine Öffnung des Spielemarktes für weitere Player und eine stärkere Hardware-Entkopplung zur Folge haben.

Dickgreber abschließend: „Für die deutschen Videospielunternehmen kommt es verstärkt darauf an, dass sie gezielt auf die Wachstumssegmente setzen. Dazu zählen aber nicht nur die Entwicklung neuer Spiele oder das Profitieren von offenen Plattformen. Es geht auch um die Erschließung und den Ausbau neuer Zielgruppen. 44 Prozent der Frauen etwa nutzen heute schon regelmäßig Gaming-Angebote. Hier liegt großes Potenzial. Damit wandelt sich auch das Image der Spieleindustrie und verhilft ihr zu mehr Popularität.“