Interview mit OCZ zu PCIe-SSDs

Fragen zu NVMe, Flash, PCI Express, M.2 und U.2

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Einleitung

Hartware hat ein kurzes Interview mit Nico Stamp geführt, Senior Technical Support Manager 360 Service Agency und Ansprechpartner für OCZ Solid State Drives, zum Thema PCI Express SSDs und den Ansichten eines Herstellers wie OCZ bzw. Toshiba, die den SSD-Spezialisten inzwischen in ihr Unternehmen integriert haben.

Frage Hartware:
Anfangs waren SSDs ein einfach einzusetzender, wenn auch teurer Ersatz für Festplatten, wenn man seinem System mehr Geschwindigkeit verschaffen wollte, da die gleiche Schnittstelle (erst SATA 3G, später SATA 6G) verwendet wird. Mittlerweile gibt es SSDs statt mit SATA auch mit dem PCI Express Bus. Welche Vorteile bringt das mit sich?

Antwort OCZ:
PCIe bietet einige Vorteile. Allen voran: die Bandbreite. PCIe ist deutlich besser skalierbar und bietet bspw. in der aktuellen Ausbaustufe von Consumer PCIe SSDs 32Gbps (PCie Gen3 x4), während SATA3 auf 6Gbps limitiert ist. Die Möglichkeiten hinsichtlich des Datendurchsatzes sind ungleich grösser. Darüber hinaus ist PCIe deutlich flexibler und erlaubt verschiedene Anschlüsse. Sowohl U.2, M.2 oder PCIe-Karte sind kein Problem und schon heute verfügbar. SATA bleibt auf den klassischen SATA-Anschluss limitiert.

Hartware:
Bei PCI Express SSDs hört man wiederum viel von NVMe. Was steckt dahinter und wo liegen die Unterschiede zu AHCI, das man von SATA-Platten kennt?

Nico Stamp

Nico:
AHCI ist ein über 10 Jahre alter Standard, der 2004 entwickelt wurde, um die Leistung und Auslastung von Festplatten möglichst effizient zu gestalten. Die Funktionsweise von Flashspeicher unterscheidet sich jedoch maßgeblich von Festplatten, und während AHCI natürlich auch mit SSDs funktioniert, ist es doch für Medien mit hohen Zugriffszeiten optimiert.
NVMe wurde vollumfänglich im Hinblick auf Flashspeicher auf PCIe-Basis entwickelt und erlaubt eine deutlich bessere Auslastung und Ausnutzung der Fähigkeiten moderner SSDs. Im Vergleich zu AHCI ermöglicht NVMe niedrigere Latenzen, theoretisch weniger als die Hälfte (2,8µs statt 6µs). Die maximale Queue Depth wurde massiv erhöht, was den imaginären „Daten-Feldweg“ zu einer mehrspurigen Schnellstraße ausbaut.
Zusammengefasst könnte man sagen, dass NVMe der nächste Schritt in der Evolution von Datenträgern ist. Nachdem die Storage-Hardware (Flash statt Mechanik) und das physische Interface (PCIe statt SATA) riesige Fortschritte gemacht haben, folgt mit NVMe (statt AHCI) das passende logische Interface für moderne Laufwerke.

Hartware:
Ist der Controller allein für die Implementierung von NVMe zuständig oder müssen auch andere Flash-Chips als bei SATA-SSDs verwendet werden?

Nico:
Die NVMe-Unterstützung ist Sache des Controllers und dessen Firmware. Für die Flash-Chips spielt es keine Rolle, ob die SSD via NVMe oder AHCI kommuniziert.

Hartware:
NVMe ist bei allen Schnittstellen gleich, egal ob M.2, U.2 oder als PCIe-Karte? Oder gibt es hier Unterschiede, z.B. bei der Performance?

Nico:
Korrekt, der NVMe-Standard bleibt identisch. Auch bei AHCI gibt es PCIe-basierte Loesungen (z.B. RevoDrive 350) oder SATA-SDDs (z.B. TR150). M.2 und U.2 sind im Grunde nur verschiedene Formate, kommuniziert wird schlussendlich immer über den PCIe-Bus. Von der Art der Anbindung hängt letztlich auch die maximale Leistungsfähigkeit ab. Ein Beispiel: OCZ RD400 ist eine PCIe Gen3 x4 M.2 SSD. PCIe 3.0 mit 4 Lanes ermöglichen theoretisch ca. 3900MB/s, ist also völlig ausreichend für die Spezifikationen der RD400 (ca. 2600MB/s Lesen und 1600MB/s Schreiben). Verwendet man ein Mainboard, das nur einen PCIe 2.0 x4 M.2 Slot hat, liegt die theoretische Maximalbandbreite bei ca. 2000MB/s. Hier wäre schon ein Leistungsverlust zu erwarten und die SSD kann nicht „ausgefahren“ werden. Es würde sich anbieten, die SSD via M.2 auf PCIe Adapter in einem PCIe-Slot zu installieren, der die entsprechende Bandbreite bereitstellen kann.

Hartware:
Gibt es andere thermische Bedingungen oder Lebensdauererwartungen für NVMe-SSDs bzw. Anforderungen an Flash-Chips und Controller, weil die Leistung soviel höher ist als bei klassischen SATA-SSDs?

Nico:
Die Thermik kann ein Thema sein, ja. Gerade bei High-End NVMe SSDs in M.2-Format. Im Gegensatz zu ihren SATA-Geschwistern im 2,5“ Format haben Sie weder ein Gehäuse, das via Verbindung über Wärmeleitpad zum Controller bei der Wärmeabfuhr helfen kann, noch müssen sie „nur“ rund 500MB/s bewegen. Der kompakte Formfaktor M.2 kann diesbezüglich eine Herausforderung sein. Um diesem Problem zu begegnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten – gängig ist es, die SSD durch die Firmware bei hohen Temperaturen ein wenig drosseln zu lassen, bis die Last zurückgeht und die Temperatur sinkt. Dafuer müsste jedoch über einen längeren Zeitpunkt eine aussergewöhnlich hohe Last anliegen. In der Regel erreicht ein Anwender diese Temperaturzone kaum, und wenn, bemerkt er die Drosselung kaum bis gar nicht. Ähnlich verhält es sich mit modernen Smartphones, wo die SoCs bei hoher Last und Temperaturentwicklung heruntergetaktet werden. Eine Alternativlösung ist die Bestückung der SSD mit einem Kühlkörper, was jedoch neue Probleme mit sich bringt. So kann der Kühlkörper, je nach Positionierung des M.2 Slots auf einem Mainboard, den angrenzenden PCIe Slot aufgrund seiner Höhe unbrauchbar machen oder den Einbau der SSD in ein Notebook unmöglich gestalten.
Unter dem Strich werden herstellerübergreifend vernünftige Massnahmen getroffen, um die Temperatur solcher SSDs im Rahmen zu halten. Daher ist keine Verkürzung der Lebensdauer zu erwarten.

Hartware:
Unser Dank geht an Nico für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen!

Frank Schräer

Herausgeber, Chefredakteur und Webmaster

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